Fest der Liebe


Wo wir gerade kurz vor Weihnachten stehen, kann ich mir einige Worte zum „Fest der Liebe“ nicht verkneifen. 

Kennen sie dieses Fest? Das Fest der Liebe??? Eine von Habsucht geprägte kirchlich-christliche Gesellschaft heuchelt Liebe, Mitgefühl und Güte vor. An diesem Tag sind die Augen mit Tränen gefüllt, die Kinder werden mit Weihnachtsgeschenken überhäuft, fast erdrückt, je teurer desto besser, man gedenkt im Bestfalle der Armen Menschen, die nicht so begünstigt sind und gibt ein Almosen. Hier und da werden Spenden überwiesen. 

Und das Weihnachtsessen für das Fest der Liebe wird vorbereitet! 

Eine Gans, die Wochen zuvor schon aus diesem Grund vorbestellt wurde, vielleicht sogar ganz biologisch und ökologisch vom Biobauern nebenan – und weil sie ja nur aus diesem Grund auf der Welt ist, was könnte sie da für eine andere Lebensaufgabe haben? -  wird ihr Verderben für wenig Mäuse, äh, Geld eingekauft (was ist so ein Leben wert, es kann doch in Wahrheit gar nicht teuer genug sein, oder??? Ist es nicht in eigentlich unbezahlbar?). 

Ihre Haut wird am Vortage mit dem leckeren Saft einer Orange einmassiert, da freut sich die Gans, das hatte sie sich schon immer einmal gewünscht, schade nur, dass sie es nicht mehr erleben darf. So eingeschmiert wartet ihre Leiche auf den nächsten, ach so heiligen Tag, denn dann wird ihr nach Orangen riechender, ausgehöhlter und wieder aufgefüllter Leib in die Ofenröhre geschoben. Zuvor hat man ihr die Eingeweide (auch Innereien genannt) wieder in ihren Leib zurückgestopft, zusammen mit leckeren Äpfeln und Rosinen. Ach, was ein Schmaus! Und da liegt sie nun, und brät und schmort über Stunden in ihren eigenen Säften. Und zum Weihnachtsessen holt man ihren verbrannten Leib aus der Röhre und alle sitzen andächtig am Tisch, denken an das gute Christkind und begutachten die verbrannte Leiche mit einem Lächeln im Gesicht, einem andächtigen „ach ist das schön“ auf den Lippen und einem Sabbertropfen in den Mundwinkeln. 


Ach ja, ist Weihnachten heilig! Das Fest der Liebe. Sie drehen sich um, bestaunen den schönen Tannenbaum an dem die Lichter brennen und einen Schimmer, einen Hauch von Hoffnung auf die universelle Liebe schenken! (Naja, nur nicht für die Gans und den Weihnachtsbaum, für die gibt es keine Hoffnung mehr.) Man singt schöne Lieder von Liebe, Mitgefühl und Freude, von Nächstenliebe und dem Paradies. Dem Heiland, der uns armen Sündern die Erlösung brachte und der für uns gestorben ist, sich für uns geopfert hat. Wahrlich, ist er echt für uns gestorben? Und wirklich, kann dieses Wesen, welches die personifizierte Liebe gewesen sein soll, Schafsbabys geopfert, gemordet und sie gegessen haben? 

Niemals sage ich. Eine Wesenheit, die uns sagt, „Du sollst nicht töten!“ (Und da steht nicht: du sollst nur keine Menschen töten, sondern ganz Klar „Du sollst nicht töten“, das bedeutet für mich ich soll alles Leben achten, egal ob menschlich oder tierisch) hat dies selber niemals getan. Das ist eindeutig eine Erfindung der Kirchenmänner, die auf ihre Fleisches-Lust nicht verzichten wollten.

Wussten Sie, dass es an Weihnachten eine besonders hohe Rate an häuslicher Gewalt und Streit gibt? Das Fest der Liebe eben, sag ich doch! 

Da wird sich um Geschenke, um erbrachte und nicht erbrachte Leistungen, um genug oder zu wenig gestritten. Da hängen sich Menschen auf der Pelle, die eigentlich gar nicht mehr viel miteinander zu tun haben, denn die Kinder sind entweder in der Krippe, im Kindergarten oder der Schule, die jungen Leute studieren, am besten am anderen Ende der Welt, und die „Erwachsenen“ arbeiten, um Geld für all das und ihren Luxus zu verdienen! Die Alten, die sind in Heimen unter ihres gleichen und warten gemeinsam auf den Tod, der mal viel zu schnell oder mal viel zu langsam und siechend daherkommt. 

Wo ist der Sinn des Lebens? Ist es, zu leben, um zu arbeiten? Kann es sein, dass ich auf dieser Welt bin, um zu arbeiten was das Zeug hält, damit ich Geld verdiene, viel oder wenig, je nach dem wo ich hineingeboren wurde oder wie fähig ich bin? Leider haben wir Menschen vergessen, dass der eigentliche Sinn des Lebens, das Leben selber ist. Ich persönlich habe jedenfalls große Schwierigkeiten, wenn ich mir vorstelle, dass ich das ganze Jahr etwas arbeite, was mir womöglich noch nicht einmal gefällt, um das um Geld nach Hause zu tragen, welches für meine Miete, mein Essen und noch viel mehr für verschiedene Überfluss-Erzeugnisse draufgeht und um ein paar wenige Wochen Urlaub zu bekommen, in denen ich dann endlich einmal Lebe! 

Ich will jetzt leben und das jeden Tag. Ich will nicht auf irgendeinen Urlaub hinarbeiten, den ich irgendwo möglichst weit weg verbringe, um ja nur nicht an meinen schrecklichen Alltag denken zu müssen. Um danach wieder in das trostlose Dasein eines Sklaven zurückzukehren. Brauche ich wirklich zig Mal im Jahr ein neues und die allerteuersten Handys, Computer, TV-Geräte, Autos oder anderes  super dies oder super das. 

Nein, das alles brauche ich nicht, nicht um ein wirklich gutes Leben zu führen. Waren Sie schon einmal sehr krank? Wenn ja, dann wissen Sie, wie unwichtig auf einmal all diese „wichtigen“ Dinge werden (sind), die Ihnen vorher noch die Welt/das Leben bedeutet haben! 

Noch einmal zur geweihten Nacht. Ich kann ein solches Fest „der Liebe“ nicht ehrlich feiern, in einer Welt wie unserer und deshalb tue ich dies auch nicht mehr. Ich wünsche mir, dass der Gedanke „Fest der Liebe“, jeden Tag in unseren Herzen Platz finden würde und dass täglich in diesem Sinne gehandelt wird, nicht nur vermeintlich und geheuchelt an ein paar wenigen Tagen im Jahr! 

©Roland Tietsch

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